Erster Ökumenischer Kirchenempfang
Einsatz für Gemeinsamkeit und Gemeinschaft in Kirche und Politik
Die Premiere ist gelungen: Zum ersten Mal haben die Evangelischen Kirchen und die Katholischen Bistümer in Hessen gemeinsam zu einem Ökumenischen Kirchenempfang eingeladen. Gut 150 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Gesellschaft und Kirche kamen am Dienstagabend, 11. Juli, im Hotel Oranien in Wiesbaden zusammen, um auf aktuelle Herausforderungen, auf die Zusammenarbeit und auf Gemeinsamkeiten zu blicken.
Meinungsblasen überwinden
„Eine Gesellschaft von lauter Individualistinnen und Individualisten wird auf Dauer nicht bestehen“, stellte Staatsminister Axel Wintermeyer, Chef der Hessischen Staatskanzlei fest. Daher blicke er besorgt auf die Individualisierung der Religion und der Politik und hoffe darauf, dass alles getan werde, um diesen Trend zu stoppen. Dabei gehe es ihm nicht um Institutionenschutz, sondern um viel mehr. „Es gibt kaum mehr Diskurs in unserer Gesellschaft. Wer streitet sich noch im demokratischen Sinne um Meinungen? Es gibt auch kaum mehr Kompromisse, sondern ein Nebeneinanderher. Die einen tun etwas, das die anderen dann kritisieren und worüber dann gestritten wird. Diese Entwicklung muss uns umtreiben und die selbstbezogene Meinungsblase muss überwunden werden“, sagte Wintermeyer. Deshalb brauche es Gemeinsamkeit und Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft an Werten, eine Gemeinschaft an Überzeugungen und eine Gemeinschaft in der Sorge um Demokratie und Freiheit. Beides, Demokratie und Freiheit, hätten es schwer als Säulen, als Gewinn sowie als großartige Errungenschaften und Werte anerkannt und wertgeschätzt zu werden. „Vielen Menschen heute ist nicht bewusst, dass es nur 30 Staaten weltweit gibt, in denen Meinungsfreiheit und Redefreiheit, Mitbestimmung und Demokratie systematisch gelebt werden“, so Wintermeyer. Für diese Freiheit gelte es zu kämpfen. Der Politiker dankte den Kirchen für den Einsatz für Menschen, für Gemeinschaft und für Demokratie und ermutigte sie in ihrem Engagement nicht nachzulassen.
Kultur der Lebensbejahung
Auf aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen blickte auch der Bischof von Limburg, Dr. Georg Bätzing. Er benannte hier die Themen Digitalisierung, Migration, Integration sowie das Einstehen für Umweltschutz und gegen Klimawandel. „Neben den Antworten, die wir in der Substanz geben, von der Reduzierung von Verbrauch bis zu sozial verantwortlichen, nachhaltigen Konzepten, deutlich weniger klimaschädliche Emissionen abzugeben, werden wir auch an unserer Fairness im Umgang miteinander gemessen. Und daran, wie wir Menschen glaubwürdig erfahren lassen, dass wir ihre Sorgen, Fragen, Erfahrungen und Bewertungen ernst nehmen und gleichzeitig klar für eine menschenfreundliche, freiheitliche, rechtsstaatliche und demokratische Gesellschaft eintreten“, so Bätzing.
Ein drängendes Thema sei auch die Beratung eines neuen Sterbehilfegesetzes auf Bundesebene. Der Bundestag konnte sich erst vor wenigen Tagen zu diesem Thema nicht einigen. „Wir bedauern diese Nichtentscheidung, sehen aber darin auch eine Chance, unter Bedingungen einer Kultur der Lebensbejahung, zu einer Regelung zu kommen“, so Bätzing. Dazu gehöre vor allem auch Suizidprävention und Palliativmedizin. Nur so werde eine freiverantwortliche Entscheidung am Ende des Lebens ermöglicht, ohne dass assistierter Suizid sich als vollkommen selbstverständliche Form der Lebensbeendigung durchsetze.
Gemeinsamer Dienst für alle Menschen
Kirchenpräsident Dr. Volker Jung (EKHN) rief den ursprünglichen Anlass für den ersten Ökumenischen Kirchenempfang (ÖKT) in Frankfurt in Erinnerung. Eigentlich war diese Begegnung für das Jahr 2021, in dem der Ökumenische Kirchentag stattfand, geplant. Dann kam Corona und machte dieses Vorhaben zunichte. Den ÖKT hat es aber gegeben und er war nach Ansicht Jungs sehr erfolgreich. „Wir haben den ÖKT damals dezentral und digital gestaltet. Uns ging es darum, den Kirchentag als großes Forum für unsere Glaubensthemen und die großen gesellschaftlichen Themen zu erhalten. Wir haben Gottesdienste gefeiert und gebetet, es gab Bibelarbeiten und Diskussionen über Fragen der Klimagerechtigkeit und die Situation der Kirchen und vieles mehr. Das hat eine beachtliche Reichweite gehabt. Und wir sind dankbar für alle Unterstützung durch das Land Hessen und die Stadt Frankfurt“, so Jung.
Die Vorbereitungsarbeit und das gemeinsame Ringen um den Kirchentag hätten die ökumenische Arbeit der Kirchen und Bistümer in Hessen sehr vertieft. „Wir arbeiten an vielen Themen gemeinsam. Was gefragt ist, ist nicht konfessionelle Abgrenzung, sondern ein gemeinsames christliches Zeugnis und gemeinsamer Dienst für alle Menschen in unserer Gesellschaft. Das wollen wir weiterführen“, sagte Volker Jung. Die Gesellschaft warte auf ein gemeinsames Zeugnis in den vielen Fragen, die Menschen beunruhigten und bewegten.
Fotohinweis für Redaktionen
Bilder des Empfangs zum Download (Quelle: EKHN)