Attentat Hanau
Gedenken an das Attentat von Hanau: „Liebe lässt sich nicht zerschießen“
„Die Liebe hört niemals auf“: Mit diesem Bibelvers aus dem 1. Korinínterbrief hat die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, am Sonntag an die Opfer des Anschlags von Hanau erinnert. Bei dem Attentat wurden am 19. Februar 2020 neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordet. Am dritten Jahrestag des rassistischen Anschlags predigte Kurschus in der Hanauer Marienkirche. Am Gedenken nahmen auch Vertreter des Islam und der Politik teil.
Liebe ist beständig
„Im heutigen Innehalten und Erinnern verstehen wir die tiefe Wahrheit dieses Satzes auf besondere Weise“, erläuterte Kurschus. Dem Mörder sei es nicht gelungen, die Liebe zu zerschießen, im Gegenteil: „Die Liebe zu Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov ist geblieben. Sie ist vielleicht sogar stärker, auf jeden Fall bewusster und öffentlicher geworden“, sagte die Ratsvorsitzende.
Zeitenwende in Hanau
Den 19. Februar 2000 bezeichnete Kurschus als „Zeitenwende“. Für die Familien der Getöteten und für die ganze Stadt Hanau habe sich seither etwas Grundlegendes verändert. „Niemals mehr werden Sie als Angehörige die Namen Ihrer Liebsten so unbefangen aussprechen können wie in den Zeiten davor. Das hat für immer aufgehört. Nicht aber die Liebe“, hob Kurschus hervor: „Es ist die Liebe, die unsere Religionen erfüllt und die unsere unterschiedlichen Weisen, Gott zu ehren, tief miteinander verbindet. Es ist die Liebe, in der wir eins sind.“
Einsatz für Gerechtigkeit
Im Vers „Die Liebe hört niemals auf“ schwinge auch eine gesellschaftliche Aufgabe mit: „Der Einsatz für Gerechtigkeit, der Widerstand gegen Rassismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit hört niemals auf“, ist Kurschus überzeugt. Sie ermuntere zu vielen Begegnungen und zur „Menschenliebe“.
Klage und Hoffnung
Im Gottesdienst, der unter der Überschrift „Klage und Hoffnung“ stand, wirkten die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Dr. Beate Hofmann, sowie der Hanauer Dekan Dr. Martin Lückhoff mit. Ansprachen hielten auch die Schwester des ermordeten Hamza Kurtović, Ajla Kurtović, der Hanauer Imam Mustafa Macit Bozkurt und die hessische Landtagsvizepräsidentin Heike Hofmann (SPD). Im Anschluss nahmen Ratsvorsitzende Kurschus und Bischöfin Hofmann außerdem an der öffentlichen Gedenkveranstaltung auf dem Hanauer Marktplatz teil. Dazu hatten der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) eingeladen.
Weitere Informationen zum Thema sowie die Möglichkeit, ein Gebet zu formulieren oder eine digitale Kerze zu entzünden, gibt es unter
Aktuell | Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck (ekkw.de).
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Rassismus, Antisemitismus und Gewalt überwinden
Hanau gehört zum Gebiet der kurhessen-waldeckschen Kirche. Die EKKW wolle nach Auffassung der Bischöfin den Erinnerungen und Emotionen einen Ort geben, aber auch aktiv zur Überwindung von Gewalt und Rassismus beitragen. „Leider gibt es weiterhin rassistische und antisemitische Gewalttaten und vielfältige Ausgrenzungserfahrungen“, so die Bischöfin. Sie ergänzt: „Die Auseinandersetzung mit der Thematik ist nicht nur auf einen Tag beschränkt, sondern beständiges Anliegen in unserer Arbeit, unter anderem in unserem Mitwirken in der Initiative Offen für Vielfalt.“
Um Mitgefühl mit den Hinterbliebenen der Opfer auszudrücken, aber auch um zum entschlossenen Engagement gegen Rassismus und Gewalt aufzurufen, waren Gedenkveranstaltungen geplant, darunter ein Gottesdeinst am 19. Februaar 2023 :
mehr über den Gedenkgottesdienst
Unter dem Motto „Gegen das Vergessen – für Toleranz und Menschenwürde“ luden das Land Hessen und die Stadt Hanau am 19. Februar 2023, um 11.30 Uhr, zum gemeinsamen Gedenken auf dem Hanauer Marktplatz ein. Die Ratsvorsitzende Kurschus und Bischöfin Hofmann nahmen ebenfalls an der öffentlichen Gedenkveranstaltung auf dem Hanauer Marktplatz teilnehmen.
mehr über die Gedenkveranstaltung auf dem Marktplatz
Schmerz und Hoffnung im Gebet ausdrücken
Anlässlich des Gedenkens an das Attentat können die Gedanken für die Opfer und das Vertrauen auf Gottes Beistand geäußert werden. Pfarrerin Pia Baumann, Referentin für Gottesdienst im Zentrum Verkündigung hat eine Klage- und Fürbittengebet verfasst:
Gebet zum Gedenken an das Attentat in Hanau
Vor dir Gott, ist kein Mensch fremd.
Du liebst die Menschen und du kennst ihre Namen.
Du kennst die Namen
Gökhan Gültekin,
Sedat Gürbüz,
Said Nesar Hashemi,
Mercedes Kierpacz,
Hamza Kurtović,
Vili Viorel Păun,
Fatih Saraçoğlu,
Ferhat Unvar
und Kaloyan Velkov.
Du vergisst sie nicht.
Und wir wollen sie auch nicht vergessen.
Wir sagen ihre Namen. Wir erinnern uns.
Wir denken an sie, an ihre Familien,
an ihre Freundinnen und Freunde.
Du, Gott, liebst die Menschen.
Kein Mensch ist dir fremd.
Du kennst unsere Namen.
Du vergisst uns nicht,
sondern stellst unsere Füße auf weiten Raum.
So viel ist möglich mit Glaube, Hoffnung und Liebe.
Wir bitten dich, Gott,
in diesem weiten Raum, gib uns Halt,
bewahre uns vor dem Bösen,
und leite uns zum Guten,
um deines Namens willen.
Amen
Pfarrerin Pia Baumann
© Zentrum Verkündigung der EKHN