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Klimaschutz

Kirchenpräsident Jung: „Letzte Generation“ nicht kriminalisieren

Dr. Dr. h.c. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN

Dr. Dr. h.c. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN

Kirchenpräsident Volker Jung vertritt die Auffassung, dass Aktivist:innen der „Letzten Generation“ aus großer Gewissensnot heraus handeln. Sie ermahnten die Politik, die Einhaltung der Klimaziele zu verwirklichen. Allerdings hat der Kirchenpräsident auch einen kritischen Punkt im Blick auf die „Letzte Generation“ ausgemacht.

(epd). Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung warnt vor einer Kriminalisierung der „Letzten Generation“. Er sehe die Klimaschutz-Aktivisten nicht auf dem Weg der Radikalisierung, sagte Jung in Darmstadt in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie ermahnten „aus großer Gewissensnot heraus die Politik“, das ernst zu nehmen, was ihr auch vom Bundesverfassungsgericht aufgegeben sei, nämlich die Einhaltung der Klimaziele zu verwirklichen.

Prinzipien des zivilen Ungehorsams inklusive der Gewaltfreiheit

Die Aktivisten folgten ganz klar den Prinzipien des zivilen Ungehorsams inklusive der Gewaltfreiheit, hob der Kirchenpräsident hervor. Die Gruppe gehe auch verantwortlich und offen mit ihrem Protest um, sie informiere die Polizei und bilde bei ihren Aktionen auf Straßen Rettungsgassen. Sie nähme auch bewusst Strafen in Kauf und käme für entstandene Schäden auf. Grenzen gebe es für ihn dann, wenn das Prinzip der Gewaltfreiheit aufgegeben wird. Trotz Zustimmung zu den Zielen sehe er die Aktionen allerdings kritisch im Blick auf beabsichtigte Wirkungen.

Intensive Debatte

Derzeit kocht die Debatte in Deutschland hoch, wie weit der Protest der „Letzten Generation“ für mehr Klimaschutz gehen darf und wie Polizei und Justiz auf die Eingriffe in den Straßen- und Flugverkehr, die Blockade von Energieeinrichtungen oder das Beschmieren von Kunstwerken reagieren sollten.
Am 24. Mai waren von Polizei und Staatsanwaltschaften in sieben Bundesländern Wohnungen und Geschäftsräume von Aktivisten wegen «Bildung einer kriminellen Vereinigung» durchsucht worden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Klebe-Aktionen zuvor als „völlig bekloppt“ bezeichnet, CDU-Chef Friedrich Merz nannte die Aktivisten „Straftäter“.

Frage nach der Angemessenheit

Die Großrazzia vom 24. Mai halte er für „unverhältnismäßig“, sagte der Kirchenpräsident. Auch bei den Themen Präventivhaft und Haftstrafen ohne Bewährung müsse geprüft werden, ob das wirklich angemessen sei. „Grundfrage ist für mich: kann man organisierten zivilen Ungehorsam mit organisierter Kriminalität gleichsetzen? Das ist meiner Meinung nach nicht der Fall.“
Die Bezeichnung „bekloppt“ halte er für „völlig daneben“, sagte Jung. Die Aktivisten der „Letzten Generation“ seien Menschen, „die wissenschaftliche Erkenntnisse sehr ernst nehmen und mit einem feinen Sensorium wahrnehmen, dass es gravierende Folgen hat, wenn sich das Klima verändert und wir nichts tun“. Der von Merz benutzte Begriff „Straftäter“ sei eine Vorverurteilung. Noch sei dies nicht abschließend geklärt.

Ratschlag: Deeskalation auf beiden Seiten

Der Kirchenpräsident riet zur Deeskalation auf beiden Seiten. An die Politik appellierte er, sich ernsthaft mit den Zielen der „Letzten Generation“ und anderer Klimagruppen auseinanderzusetzen. „Als Kirche können wir Gespräche zwischen Aktivisten und Politik initiieren und Räume dafür bereitstellen.“ Auch in der Kirche genieße das Thema „Bewahrung der Schöpfung“ eine hohe Priorität, fügte Jung hinzu.

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