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Weltflüchtlingstag

Neues EU-Recht: Gefängnis für Kinder statt Asyl

Anfang Juni haben die Innenminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten weitreichende Beschlüsse zu einer Reform des Europäischen Asylsystems (GEAS) gefasst. Es sieht Grenzverfahren vor, bei denen selbst Kinder inhaftiert werden können. EKD und Hilfsorganisationen kritisieren die Entscheidung scharf. Hat die Bundesregierung ohne Not den EU-Hardlinern nachgegeben?

(bj/red) Anfang Juni haben die Innenminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten Beschlüsse zu einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gefasst, die Grenzverfahren unter Haftbedingungen und Abschiebungen in Drittstaaten vorsehen. Anlässlich des diesjährigen Weltflüchtlingstags am 20. Juni hat  die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die Bundesregierung aufgefordert, sich im Europäischen Parlament für deutliche Verbesserungen der jüngst von den EU-Innenministerinnen und -ministern beschlossenen massiven Einschränkungen des Flüchtlingsrechts einzusetzen.

Gefängnis statt Asyl

Der EKD-Flüchtlingsbeauftragte, Bischof Christian Stäblein, betont die Dringlichkeit des Anliegens: „Wir drängen auf die Rückkehr zu einer menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik, die den Zugang zu fairen Asylverfahren garantiert und Schutzsuchenden legale Wege ermöglicht, ihr Leben zu retten. Haftanstalten an den EU-Außengrenzen und die Abschiebung in vermeintlich sichere Drittstaaten gehören nicht dazu.“ Gleichzeitig stellte die EKD auch eine Neuauflage der Broschüre „Zehn Überzeugungen zu Flucht und Integration aus evangelischer Sicht“ vor. Damit  will die EKD in den aktuellen Debatten um das europäische Asylrecht den Flüchtlingsschutz und die Aufnahme von Schutzsuchenden Orientierung geben. 

Dramatische Verschlechterung  

„Bei der Aktualisierung des Textes haben wir festgestellt, wie dramatisch sich die Situation innerhalb der letzten sechs Jahre geändert hat: Heute sind mit 103 Millionen Menschen 38 Millionen mehr Menschen gezwungen, zu fliehen“, so Stäblein. Zudem seien auch weitere Fluchtursachen hinzugekommen: So habe der Krieg in der Ukraine viele Menschen zur Flucht gezwungen und die Auswirkungen des Klimawandels würden immer dramatischer. Der Kampf um lebenswichtige Ressourcen wie Wasser und fruchtbares Land führe zunehmend zu Konflikten und Gewalt. „Überleben geht nur gemeinsam, gerechte Gemeinschaft geht nur global, wir sind eine Welt“- das steht für Bischof Stäblein ebenso außer Frage, wie die Überzeugung, dass Familien zusammengehörten und das Recht auf Familiennachzug gewährt werden müsse, damit Menschen gut in der neuen Heimat ankommen könnten.

Selbst Kinder werden interniert 

Auch nach Ansicht der humanitären Hilfsorgansation Pro Asyl wurden bei der EU-Reform  noch nicht einmal die selbst gesetzten „roten Linien“ wie das Nein zur Internierung von Kindern eingehalten. Sollten die Änderungen wie vom Rat beschlossen kommen, wären dies nach Ansicht Pro Asyls die weitreichendsten Einschränkungen des Flüchtlingsschutzes seit der Grundgesetzänderung vor 30 Jahren. Damals wurde das ungehinderte Recht auf Asyl  durch die die sogenannte Drittstaatenregelung eingeschränkt. Asylsuchende in Deutschland dürfen seitdem in das Erstaufnahmeland zurückgeschickt werden. 

Veränderte Kriterien

In den geplanten Grenzverfahren unter Haftbedingungen soll zunächst eine sogenannte „Zulässigkeitsprüfung“ erfolgen. Asylanträge von Schutzsuchenden, die über angeblich »sichere Drittstaaten« eingereist sind, werden dann gar nicht mehr erst inhaltlich geprüft. Um sie abschieben zu können, sollen die Kriterien, wann ein Staat als „sicher“ genug gilt, massiv aufgeweicht. Sichere Teilgebiete reichen dann, auch die Genfer Flüchtlingskonvention muss keine Gültigkeit besitzen. Besonders perfide: Selbst Familien mit Kindern werden von den verpflichtenden Grenzverfahren und der Inhaftierung nicht ausgenommen.

Staaten an der EU-Außengrenze werden weiterhin allein gelassen

Diese GEAS-Reform hat mit der vielzitierten Solidarität unter EU-Staaten überhaupt nichts zu tun. Rechte Regierungen wie Ungarn haben erreicht, dass sie auch künftig keine Flüchtlinge aufnehmen müssen, sondern ihre »Solidarität« auch mit finanziellen Zahlungen für Abschottung und Flüchtlingsabwehr ausdrücken können. Die Staaten an der EU-Außengrenze werden also weiterhin allein gelassen, noch mehr Gewalt gegen Flüchtlinge zum Zwecke der Abschreckung droht. Nun startet in Brüssel der Trilog zwischen EU-Kommission, EU-Rat und Europäischem Parlament. In diesem Prozess müssen sich die drei gesetzgebenden Institutionen der Europäischen Union auf eine gemeinsame Position verständigen, dort können die Vorhaben also noch gestoppt werden.

EKD-Broschüre zu Flucht und Asyl 

Online-Petition: „Nein zu einem Europa der Haftlager für Flüchtlinge!“


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